Die Risiken der digitale Disruption umfahren
Wir haben Deepak Padaki, EVP Strategy und Chief Risk Officer, Infosys Limited, um seine Meinung gefragt über die disruptiven Trends, die eine Herausforderung für die Strategien von Unternehmen weltweit darstellen und trotzdem viele Gelegenheiten für Wachstum bieten.
„Als wir unsere Strategie vor circa zweieinhalb Jahren überprüften, haben wir zuerst einige unserer Klienten aus verschiedenen Branchen, wie z. B. Finanzdienstleistungen, Versicherungen, Telekom, Einzelhandel, Produktion, Energie usw. angesprochen und mit einer Vielzahl ihrer Executives gesprochen, um ihre Prioritäten zu verstehen. Diese Diskussion lässt sich in zweierlei Erkenntnissen zusammenfassen.
Die Erste war, dass alle darauf bedacht waren, digitale Technologien zu nutzen, um sich selbst zu disruptieren. Der Großteil der Infosys-Klienten besteht aus etablierten Unternehmen; Unternehmen, die zuweilen bereits seit mehreren Jahrzehnten bestehen und sich nun den sog. Digital Natives, neuen Unternehmen ohne jegliche Altlasten, gegenübersehen. Damit war es klar, dass der Fokus auf Technologie nicht nur beim CIO oder CTO lag, sondern sich zunehmend in Richtung des Geschäfts verlagerte. Das war für uns als Technologiedienstleister die erste wichtige Erkenntnis.“
Und die Zweite?
„Die zweite Erkenntnis war, dass diese Unternehmen auf uns zukamen und sagten: ‚Es geht nicht nur darum, den neuen glänzenden Schuh zu finden, sondern auch, den alten zu polieren‘. Es gibt viele Technologieberater, die sagen, dass man unbedingt auf diesen neuen Zug aufspringen soll, weil man sonst von den Digital-Native-Unternehmen überrollt wird. Jedoch haben etablierte Unternehmen seit vielen Jahrzehnten in ihre Prozesse, ihr Personal, ihre Technologie und Kultur investiert; etwas, was man nicht wegwerfen sollte, denn es generiert immer noch 80 bis 90 % ihres derzeitigen Cashflows. Dies war eine wichtige Erkenntnis für uns. Wie gelangen Sie von einem Ort zum anderen? Es geht nicht nur um den neuen Ort, sondern auch darum, was man mit den alten Dingen macht und diese Erneuerung ist äußerst wichtig.“
Was passierte dann?
„Diese beiden Erkenntnisse brachten uns zum Nachdenken und inspirierte uns zu unserem Strategie-Unterpunkt Navigate your Next; denn wir wollen mit unseren Klienten eine dauerhafte Partnerschaft führen, die über diese aktuelle Periode der digitalen Transformation hinausgeht.
‚Navigate‘ deswegen, weil der Kunde in vielen dieser Situationen bereits weiß, dass er sich selbst disruptieren muss. Dann sucht er nach Hilfe, weil er manchmal die Technologie nicht versteht oder nicht weiß, wie er sie anwenden oder von der alten zur neuen Technologie wechseln soll: und hier kommen dann Unternehmen wie Infosys oder Stater in ihrer Rolle als Navigator ins Spiel. Ganz klar hat sich die Welt wegen COVID-19 und den darauf folgenden wirtschaftlichen Verwerfungen in den letzten Monaten verändert. Dennoch haben die Gespräche mit unseren Kunden klarer als je zuvor ergeben, dass für Unternehmen der einzige Weg zu mehr Resilienz in der Technologie liegt. Wir sehen Beschleunigung in der Art, in der unsere Kunden Technologie dazu verwenden, um sich selbst zu disruptieren. Allerdings wurden sie schon wegen der wirtschaftlichen Situation, des Lockdowns und allem anderen bereits unterbrochen: und das ist jetzt eine Chance für den großen Sprung. Natürlich gibt es unmittelbare Herausforderungen, was die Unsicherheit angeht, aber längerfristig muss die Technologie für alle unsere Kunden eine Rolle spielen.“
Können Sie die „Fünf Achsen des digitalen Erfolgs“ beschreiben und wie dieser Ansatz zu dem passt, wonach Ihre Kunden suchen?
„Jeder spricht über ‚digital‘ - aber für jeden bedeutet der Begriff etwas anderes. Als unsere Kunden über digitale Transformation sprachen, war es für uns wichtig, eine Art Rahmen zu schaffen, innerhalb welchem wir diese Transformation von ihrer Perspektive aus denken und diskutieren konnten. Unsere fünf Achsen des digitalen Erfolgs sind also die Folgenden:
Erfahrung: Sind unsere Kunden in der Lage, die Technologie zu nutzen, um eine differenzierte Kundenerfahrung für ihre - sowohl internen als auch externen – Endkunden zu schaffe?
Erkenntnis: Sind Sie dann in der Lage, die Technologie so zu nutzen, um aus der Masse der von ihnen erhobenen Daten bessere Erkenntnissen zu ziehen?
Innovation: Sind sie dann in der Lage, diese Erkenntnisse so zu nutzen, um neue und innovative Produkte und Angebote in wiederkehrenden und kurzen Zeitrahmen zu kreieren?
Beschleunigung: Sind sie in der Lage, ihre Rendite auf Technologie durch die Integrierung von Systemen, deren Modernisierung und Schaffung neuer Infrastrukturen, wie z. B. die Cloud, zu steigern?
Sicherheit: Sind sie in der Lage, sich selbst zu bestätigen und zu versichern, dass ihre Technologie die tatsächlichen Geschäftsergebnisse in sicherer und konformen Art und Weise liefert?
Wenn Kunden Erfolg in der digitalen Transformation haben wollen, sollte ihr Geschäft all diese Phasen durchlaufen haben.“
Wie sieht die Strategie von Infosys aus?
„Wir erleben gerade eine schwierige Zeit. Das gilt nicht nur für unsere Branche, sondern für alle und viele von ihnen suchen händeringend nach Lösungen und Services, die sie aus ihrer Situation herausbringen können. Strategisch gesehen verfügt unsere Strategie aus vier Säulen. Mit der ersten werden unsere agilen und digitalen Fähigkeiten skaliert, da die meisten unserer Kunden sich in Richtung Agilität und Digital bewegen. Dieses wird sich in den kommenden Monaten und Jahren beschleunigen. Daher werden wir unsere Fähigkeiten und Angebote rund um Agilität und Digital entsprechend den fünf Elementen unseres digitalen Pentagons weiter aufbauen.
Die zweite Säule heißt: Energising The Core. Hier geht es um die Services, die man in traditionellen Old-school-Umgebungen erbringt und was man mit ihnen tut. Hier glauben wir ebenfalls, dass unsere Kunden hier mehrere Gelegenheiten zum Senken von Kosten haben. Dies könnte als Konsolidierung ihrer Anbieter daherkommen, als Zuwendung zu Menschen mit größerer Resilienz in der derzeitigen Situation, Kosteneinsparungen bei Rechenzentren und IT-Systemen, Automatisierung und auch als Situationen, in denen mutige Entscheidungen über die Transformation getroffen werden und die Computerlandschaft beispielsweise in die Cloud oder auf Drittsysteme verlagert wird. All dies ist Teil dessen, auf was wir uns bei Energising The Core fokussiert haben und was wir auf unserer Seite ebenfalls getan haben: Innerhalb von Infosys besteht ein sehr starker Fokus darauf, wie wir unter anderem uns selbst, unser Verkaufsteam und unsere Produktivität anregen und dabei mehr Agilität in unserem Unternehmen kreieren.
Die dritte Säule unserer Strategie steht für die Umschulung unserer Mitarbeiter. In unserer Branche, die auf Wissen basiert, sind unsere Mitarbeiter unser größter Vermögenswert. Daher müssen wir sicherstellen, dass dieser Wert gestärkt wird, damit er mit neuen Fähigkeiten umgehen kann. In den letzten Jahren haben wir sehr fokussiert versucht, alle Mitarbeiter auf neue Technologien, neue Paradigmen, neue Methoden wie z. B. Agilität usw. umzuschulen. Dieses werden wir auch weiterhin tun. Außerdem investieren wir hohe Summen in Plattformen auf diesem Gebiet. Bei diesen geht es nicht mehr darum, in Klassenräumen zu lernen, sondern in kleinen Stücken: online und im eigenen Tempo. Hierin haben wir investiert und dabei eine fantastische Plattform erschaffen. Und aufseiten unserer Kunden besteht ebenfalls großes Interesse daran, sie zu nutzen. Sie haben schließlich mit dem gleichen Problem wie wir zu tun und möchten unsere Plattform dazu nutzen, um zu sehen, wie sie ihren Mitarbeitern Lerninhalte sowohl mit Spaß als auch mit Tiefe vermitteln können.
Die letzte Säule unserer Strategie steht für Lokalisation und gegen die derzeit herrschende weltweite Krise, die zu einer hohen Arbeitslosigkeit geführt hat. Viele Regierungen denken über protektionistische Maßnahmen nach und stellen ihre eigenen Leute und Interessen voran. Zudem werden einige in unserer Strategie gemachten Annahmen, wie z. B. Geld, Menschen, Wissen, Daten, und freies unbegrenztes Reisen in Frage gestellt. Die Welt befindet sich momentan in einer Art von Globalisierungskrise. Also hatten wir dieses Risiko neu zu denken. Wir haben eine konzertierte Aktion unternommen, um lokales Personal in den Regionen anzuwerben, in denen wir tätig sind. In den USA, einem unserer größten Märkte, haben wir über 10.000 Leute angeworben. Mit ähnlichem Ziel haben wir zudem Niederlassungen in Düsseldorf sowie im Vereinigten Königreich und Australien eröffnet. Der Benelux-Raum ist für Infosys immer schon eine starke Region gewesen. Daher passt die Übernahme von Stater hervorragend in unser Ziel, eine lokale Belegschaft in den Niederlanden anzuwerben. Daher denke ich, dass dies eine äußerst wichtige Initiative für Infosys ist und dass wir auch weiterhin durch einen organischen als auch anorganischen Aufbau hierin investieren. Dies sind die vier Säulen unserer Strategie.“
Was können Sie über Ihre Beobachten zu Staters starkem BPO-Angebot und dem europäischen Markt für Hypothekendienstleistungen sagen?
„Die Transaktion, Stater zu übernehmen, beruhte auf einigen wichtigen Prinzipien. Das Erste bestand darin, unsere eigenen BPO-Services zu prüfen, denn Infosys sucht immer nach Arten, wie wir uns verbessern können. Die Verarbeitung von Transaktionen über Vanilla ist heutzutage viel weiter verbreitet und standardisiert. Wir fokussierten uns darauf, wie wir diese Transaktionen in Plattformen unterbringen, um den dabei erzielten Kundenwert zu erhöhen. Stater, mit seinem modernen plattform-basierten Angebot passt perfekt zu uns und verschafft unseren Kunden einen klaren Vorsprung. Out-of-The-Box-Hypothekendienstleistungen liefern zu können, ist zudem ein starkes Angebot. Dies ist ein wichtiges Element dafür, warum Stater so gut in die allgemeine Strategie von Infosys passt. Zum Zweiten sind wir bereits seit Langem mit ABN AMRO in einer Beziehung verbunden, sodass die Übernahme uns eine großartige Chance dafür bot, um diese noch weiter zu stärken. Zum Dritten glauben wir, dass es eine Menge Synergien mit sich bringt - hatte sich Stater traditionell auf den niederländischen und belgischen Markt konzentriert, sind wir der Auffassung, dass Stater, mit der Kraft von Infosys im Rücken, nun weiter in den europäischen Markt expandieren kann. Von daher ist die Kombination aus unseren beiden Unternehmen stärker, als wenn wir alleine auftreten. Stater bringt die Expertise in der Automatisierung von Hypothekendienstleistungen und die Kenntnisse über die lokal geltenden Vorschriften mit; Infosys wiederum bringt seine Kenntnisse im Zugang zu Kunden und technologie-basierten Services ein, wodurch wir ein sehr überzeugendes Angebot für die europäischen Märkte haben.“