Kriminelles Geld bekämpfen

Vor Kurzem aufgedeckte Geldwäscheskandale haben erneut die Notwendigkeit eines umfassenderen und effektiveren Ansatz bei der Verhinderung und Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung seitens der EU aufgezeigt.  Im März 2020 präsentierte der Vorsitzende des Europäischen Bankenverbandes (EBF) Wim Mijs den neuen Entwurf Lifting the Course of Dirty Money, mit 20 Empfehlungen an die Politik für eine effektive Geldwäschebekämpfung (AML) durch die EU. 

Wim Mijs, Vorsitzende des Europäischen Bankenverbandes (EBF)

Wim Mijs, Vorsitzende des Europäischen Bankenverbandes (EBF)

Geldwäsche — eine Straftat an sich — ist, wie auch die Finanzierung des Terrorismus, eng mit anderen Formen schwerer und organisierter Kriminalität verbunden. Das Ausmaß, das Geldwäsche inzwischen erreicht hat, gilt als erheblich und steigend. Schätzungen des UN-Büros für Drogen und Verbrechen (UNODC) zufolge werden jedes Jahr Gelder im Wert von 2 % bis 5 % des weltweiten Bruttoinlandsprodukts gewaschen - eine schwindelerregende Summe von 715 Milliarden bis hin zu 1,87 Billionen Euro (Quelle: Europol). Auf der Gegenseite werden von den Banken, als „Torwächter zu den Finanzen“, Milliarden an Euro für Compliance, die Überwachung von Transaktionen sowie zur Erstellung von millionenfachen Meldungen verdächtiger Aktivitäten ausgegeben. Trotz all dieser Bemühungen wissen Kriminelle die regulatorische Zersplitterung in Europa für sich auszunutzen und weiterhin beträchtliche Summen an schmutzigem Geld unerkannt über die Grenzen zu bringen. Die Dringlichkeit ist hoch und die Botschaft von Wim Mijs klar. „Bei der Bekämpfung der Finanzkriminalität handelt es sich im Kern um einen wirklichen Kampf gegen echte Kriminelle, die vom Leiden Anderer profitieren und unsere Gesellschaft gefährden. Daher benötigen wir einen europäischen Rahmen, der Kriminalität verhindert und stoppt, anstatt weiterhin nur nach dem derzeitigen 'Schema F' vorzugehen.“

Die Prioritäten des Entwurfs

In dem Entwurf schlagen der EBF und seine Mitglieder kollektive Maßnahmen des sowohl privaten Sektors, der Regierungen sowie der Vollstreckungsbehörden vor. Die vier im EBF-Entwurf festgelegten Prioritätsbereiche umfassen insbesondere die folgenden Empfehlungen:

• Harmonisierung des EU-AML-Rahmens und Stärkung seiner risikobasierten Natur;

• Mehr Macht für EU/EWR-weite Überwachung und die Vollstreckungsbehörden durch Stärkung der institutionellen Architektur;

• Befähigung aller Parteien zur effektiven Zusammenarbeit und zum Austausch von Informationen;

• Mehr Cleverness durch Bereitstellung neuer Tools und Technologien für den Due-Diligence-Prozess.

Mijs unterstreicht zudem, dass Banken wahrlich ein Teil der Lösung sind: „Wir brauchen eine effektive Kooperation zwischen allen Akteuren im Finanz-Ecosystem; sowohl den öffentlich-rechtlichen und privaten und öffentlich-privaten. Dies erfordert den stärkeren, auch grenzüberschreitenden, Austausch von Informationen sowie einen einheitlicheren Ansatz auf europäischer Ebene.“ Als glühender Vertreter eines integrierten Ansatzes glaubt Mijs daran, dass ein effektiver Kampf gegen Geldwäsche auf nationaler Ebene nur durch eine enge Kooperation zwischen den staatlichen Stellen und Industrien, bevorzugterweise in öffentlich-privaten-Partnerschaften, geführt werden kann; insbesondere auf internationaler Ebene. 

Was steht ganz oben auf der Agenda?

„Das derzeitige System, das wir kennen, führt zu defensiver Berichterstattung mit einem Verhältnis an falsch-positiven Meldungen von ungefähr 75 Prozent. Das bedeutet, dass die Vollstreckungsbehörden pro Woche haufenweise Daten mit der Bitte erhalten, in diesen nach der Stecknadel zu suchen.  Das funktioniert nicht. Wir müssen die Rolle der Finanzermittlungsbehörden auf EU-weiter Ebene stärken, inklusive der Umsetzung von effektivem Feedback für den Finanzsektor über die aktuelle Arbeit der Vollstreckungsbehörden, sodass Banken wissen, worauf sie ihre Aufmerksamkeit zu lenken haben und sichergehen, dass die an die Vollstreckungsbehörden gesendeten Meldungen über verdächtige Aktivitäten realistisch nützliche Informationen von hoher Qualität enthalten.“

Was ist weiterhin noch zu tun?

„Wir müssen weg von der Fragmentierung, indem wir vorhandene Richtlinien in Verordnungen umwandeln und so eine größere Harmonisierung und Mitgliederstaaten-übergreifende einheitliche Standards zu schaffen. Von EU-Mitgliedstaaten wurden inzwischen die fünfte Richtlinie zur Bekämpfung der Geldwäsche angenommen - wohingegen manche anderen noch nicht einmal die dritte oder vierte Richtlinie vollständig umgesetzt haben. Eine andere, weit oben auf der Liste des EBF stehende Maßnahme ist: Wir wollen von der EU eine Einrichtung oder eine Behörde mit Befugnis und Zugriff auf Daten, die grenzübergreifende Puzzle in Sachen AML beendet und so das Leben von Geldwäschern und deren Geldwäschereien schwerer macht. Um dieses Ziel zu erreichen ist eine Arbeit in öffentlich-privaten-Partnerschaften ein wesentlicher Faktor. Ein Beispiel: Die EU-Vollstreckungsbehörde Europol arbeitet durch die Tätigkeit von branchen-spezifischen Beratungsgruppen, in denen Trends in der Kriminalität regelmäßig ausgetauscht werden, sehr effektiv mit dem Privatsektor zusammen. Der Bankensektor ist nicht nur ein wichtiger operativer Partner im soeben eröffneten Zentrum für Finanz- und Wirtschaftskriminalität (EFECC), auch die Zusammenarbeit im Bereich Cyberkriminalität funktioniert gut, da der EBF in der Financial Services Advisory Group neben vielen anderen Partnern aus dem Privatsektor sitzt.“

Datenschutz vs. AML

Eine der Barrieren, die es zu überwinden gilt, ist die DSGVO. Im Februar 2020 wurde Europol von der EU-eigenen Datenschutzbeauftragten vom Hosting des Computernetzwerkes, das die Finanzkriminalität bekämpfenden Behörden der EU-Mitgliedstaaten miteinander verlinkt, gesperrt. Diese Plattform erlaubt es Zentralstellen für Finanztransaktionsuntersuchungen, staatliche und zwischen privaten Firmen und Vollstreckungsbehörden operierende Dienststellen, grenzüberschreitend zu melden, Fall aufbauende Daten auszutauschen und Namen mit von anderen Dienststellen geführte Namen abzugleichen. Diese Sperre erfolgte, da die Europäische Kommission die Durchführung der AML-Verfahren im Zuge der vielen Bankenskandale verschärft hatte. Wim Mijs hierzu: „Die Sache ist, dass die EDPS zurzeit damit kämpft, ihre Autorität zu stärken. Banken, und auch andere Branchen, erwarten von einer solchen Behörde Klarheit und Führung bei den größeren gesellschaftlichen Herausforderungen, wie z. B. der Verarbeitung von digitalen Daten, Cloud sowie Geldwäsche.“

Wie geht es mit dem EBF-Entwurf weiter?
„Wir haben unseren Entwurf dem Exekutiv-Vizepräsidenten der Kommision, Valdis Dombrovskis, vorgelegt und ihn ausführlich mit seiner AML-Stelle diskutiert. Dies spiegelt sich auch im Aktionsplan der Kommission wider. Der Entwurf wurde nach seiner Vorlage dann von der Kommission in dessen Aktionsplan vom April veröffentlicht. Das Follow-up hierzu wird gerade erstellt. Die Wichtigkeit des Themas wird zwar von allen Seiten bejaht, jedoch ist das 'Wie' noch zu klären. In den Niederlanden beispielsweise sind öffentlich-private Partnerschaften, wie z. B. die Transaction Reporting Netherlands, eine großartige Initiative, recht normal, während diese Form der Partnerschaft im restlichen Europa weitaus weniger verbreitet ist. Es gibt noch viel zu tun; und als EU-Mitglieder müssen wir jetzt endlich handeln!.“